Die Beschränkung von Blei in Richtlinien und Verordnungen

Blei bietet als Werkstoff besondere Eigenschaften, aufgrund derer ihm nach wie vor eine wichtige Rolle in der Industrie zukommt. Andererseits ist Blei ein giftiges Schwermetall, dessen Eintrag in die Umwelt minimiert werden sollte. Dies spiegelt sich in verschiedenen Verordnungen und Richtlinien weltweit wider:

REACH (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals)

REACH ist eine Verordnung (EG Nr. 1907/2006 ) der Europäischen Union, mit dem Ziel, die menschliche Gesundheit und die Umwelt vor möglichen Risiken durch Chemikalien zu schützen. In 2018 wurde Blei auf die Kandidatenliste besonderes besorgniserregender Stoffe, auch bekannt als SVHC-Liste (Substance of Very High Concern), aufgenommen. Gemäß Artikel 33 der REACH-Verordnung folgt daraus eine Informationspflicht entlang der Lieferkette. Wenn Halbzeuge oder andere Erzeugnisse aus Kupferlegierungen gefertigt wurden, die mehr als 0,1 % Blei enthalten, ist bei der Lieferung darauf hinzuweisen. Einsatzfähigkeit und Anwendbarkeit von Produkten mit bleihaltigen Kupferlegierungen bleiben bis auf weiteres von der Aufnahme in die Kandidatenliste unberührt. 

Hinweis: Die Würth Elektronik ICS gibt auf Lieferdokumenten einen entsprechenden Hinweis auf den Bleigehalt von >0,1% für die nicht bleifreien Original Powerelemente.

RoHS (Restriction of Hazardous Substances)

Die EU RoHS Richtlinie 2011/65/EU dient der Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten. Das Ziel ist es, so den Eintrag dieser Substanzen in die Umwelt zu minimieren. Blei, als ein Stoff, der gemäß Artikel 4 Absatz 1 RoHS Richtlinie (bzw. Anhang II) Beschränkungen unterliegt, hat eine definierte zulässige maximale Höchstkonzentration in homogenen Werkstoffen von 0,1 Gewichtsprozent.

Über die bestehende Ausnahmeregelung 6c im Anhang III sind „Kupferlegierungen mit einem Massenanteil von bis zu 4 % Blei“ zulässig. Diese Ausnahmeregelung läuft, Stand heute, zum 21. Juli 2021 aus. Den aktuellen Status zur möglichen Verlängerung der Ausnahmeregelung finden Sie in den FAQs weiter unten.

Hinweis: Sämtliche Powerelemente der Würth Elektronik ICS sind RoHS-konform. Die Original Powerelemente sind gemäß der Ausnahmeregelung Anhang III, 6c RoHS-konform.

Die bleifreien LF Powerelements sind ohne Ausnahmeregelung RoHS-konform und damit eine zukunftssichere Lösung.

Blei oder Nicht-Blei – FAQs

  • Welchen Bleianteil haben die Original Powerelemente?

    Die Original Powerelemente bestehen weitgehend aus der Kupferlegierung Zerspanungsmessing (CuZn39Pb3). Blei als Nebenbestandteil von ca. 3 % sorgt für einen guten Spanbruch und eine leichte Schmierung. Dadurch reduziert sich die Reibung, was eine geringere Wärmeentstehung im Zerspanprozess zur Folge hat. Ohne Blei verschlechtert sich die Zerspanbarkeit und dadurch entstehen erhöhte Anforderungen an den Herstellungsprozess. Diese Anforderungen haben wir mit der Entwicklung der LF Powerelements gemeistert.

  • Was bedeutet bleifrei eigentlich?

    Trotz Reinigung kann bei industriellen Anlagen eine Verschleppung von Inhaltsstoffen von einem auf das andere Produkt nicht völlig ausgeschlossen werden. So wird in relevanten rechtlichen wie auch technischen Dokumenten der Grenzwert von Blei auf maximal 0,1% als „bleifrei“ definiert und als Bagatellgrenze bezeichnet.

  • Wie ist die Abgrenzung zwischen RoHS konform & bleifrei?

    Umgangssprachlich werden die Begriffe „bleifrei“ und „RoHS konform“ oft gleichgesetzt und in Zusammenhang mit der Materialzusammensetzung gleichbedeutend verwendet. Tatsächlich bezeichnet „bleifrei“ den generellen Verzicht auf den Zusatzstoff Blei. Die RoHS-Konformität bezeichnet die Einhaltung der zugelassenen Grenzwerte für die verschiedenen Gefahrstoffe in Bauteilen und Geräte.

    In Bezug auf Powerelemente erfüllen „bleifreie“ Elemente (LF Powerelements) die RoHS-Konformität ohne die zeitlich limitierte Ausnahmeregelung nach 6c. Komponenten mit einem Bleianteil von max. 4 % (Original Powerelemente) erfüllen die RoHS-Konformität auf Basis von 6c.

  • Wann läuft die Ausnahmeregelung 6c offiziell aus?

    Gemäß der delegierten Richtlinie (EU) 2018/741 der Kommission vom 01. März 2018: Die Ausnahme 6c der RoHS Richtlinie im Anhang III läuft für die Kategorien 1 bis 7 und 10 zum 21.07.2021 ab. Für die Kategorien 8 und 9, ausgenommen medizinische In-vitro-Diagnostika und Überwachungs- und Kontrollinstrumente in der Industrie zum 21.07.2021. Die Kategorie 8 medizinische In-vitro-Diagnostika läuft zum 21.07.2023 ab und die Kategorie 9 Überwachungs- und Kontrollinstrumente in der Industrie und Kategorie 11 zum 21.07.2024.

    Allerdings hat die EU Kommission noch nicht über die Anträge zur Erneuerung der Ausnahme entschieden. Bis zu dieser Entscheidung bleibt die Ausnahme gültig.

  • Welche Bedeutung haben die Anträge zur Erneuerung der RoHS Ausnahmeregelung

    Für alle Gerätekategorien wurden fristgerecht (mindestens 18 Monate vor Auslaufen der Ausnahmen gemäß Artikel 5 Abs. 5 RoHS Richtlinie) Anträge zur Erneuerung der Ausnahme gestellt. Bis die EU Kommission über diese Anträge entscheidet, bleibt die Ausnahme 6c gültig.

  • Wie läuft die Entscheidung der EU Kommission über die Anträge zur Erneuerung ab?

    Nach Artikel 5 Abs. 5 der RoHS Richtlinie entscheidet die EU Kommission spätestens 6 Monate vor Auslaufen einer bestehenden Ausnahme über einen Antrag […] es sei denn, eine andere Frist ist aufgrund besonderer Umstände gerechtfertigt. Nach Expertenmeinung wird es keine Entscheidung vor Anfang 2022 geben.

    Derzeit führt das Öko-Institut e.V Projekte durch, um die Notwendigkeit und den Umfang der Verlängerung der Ausnahme genau zu prüfen. Der Report wird als wissenschaftliche Entscheidungsgrundlage für die EU Kommission dienen. Bis die Kommission über den Antrag auf Erneuerung entschieden hat, bleibt die bestehende Ausnahmerichtlinie nach Artikel 5 Abs. 5 der RoHS Richtlinie gültig.

  • Was sind die Konsequenzen, wenn die EU Kommission die Anträge zur Erneuerung ablehnt?

    Wird die Verlängerung der Ausnahmeregelung von der EU Kommission abgelehnt, so beginnt nach Artikel 5 Abs. 6 die sogenannte Sunset-Phase. Die Ausnahmeregelung wird dann frühestens 12, spätestens jedoch 18 Monate nach der Veröffentlichung der Entscheidung auslaufen. Seit 2011 ist die Einhaltung der RoHS-Richtlinie Voraussetzung, um auf den betroffenen Geräten das CE-Zeichen anbringen und eine entsprechende EU-Konformitätserklärung ausstellen zu können. Demnach darf ein Endgerät in Europa beim Überschreiten des zulässigen Grenzwertes nicht verkauft werden. Bei einer Ablehnung Anfang 2022 gilt die Ausnahmeregelung also höchstens bis Mitte 2023.

  • Wie stehen die Chancen auf eine Verlängerung der Ausnahmeregelung 6c?

    Beim aktuell hohen Einsatz von bleihaltigem Messing erscheint ein Verbot von Blei derzeit nicht realistisch. Eine Umstellung wird sich in der Praxis bis dahin kaum realisieren lassen. Aus diesem Grund halten Experten eine erneute Verlängerung für am wahrscheinlichsten.

    Nach Artikel 5 Absatz 2 der RoHS Richtlinie können die Gerätekategorien 1 bis 7 und 10 um höchstens 5 Jahre ab dem ursprünglichen Enddatum (21.07.2021) verlängert werden. Das neue Enddatum wäre dann der 21.07.2026 plus eine mögliche Sunset Phase.

    Die Kategorien 8 und 9 können höchstens um 7 Jahre ab dem ursprünglichen Enddatum (21.07.2021) verlängert werden. Das neue Enddatum wäre hierbei der 21.07.2028 plus eine mögliche Sunset Phase.

    Jedoch kann die EU Kommission gemäß Artikel 5 Absatz 2 auch einen kürzeren Zeitraum festlegen. Im Raum steht eine Verlängerung um zunächst 3 Jahre. Dann wäre das Enddatum der Ausnahme der 21.07.2024 plus eine mögliche Sunset Phase.

  • Lohnt sich die Umstellung auf bleifrei schon heute?

    Nach Ansicht der Experten der Würth Elektronik ICS: Definitiv! Viele Projekte haben von der Entwicklung bis zum „End of life“ eine mehrjährige Gesamtdauer, ganz egal ob im Automotive-, Elektronik-, Industrie- oder Nutzfahrzeugbereich. Mit den bleifreien LF Powerelements stellen Sie sich zukunftstauglich auf. Aufwendige Re-Qualifikationen werden vermieden, Prozesssicherheit für neue Entwicklungen geschaffen und namhafte OEMs, die bereits bleifreie Produkte fordern, werden problemlos bedient.

  • Gerätekategorien gemäß Anhang I der RoHS Richtlinie

    1. Haushaltsgroßgeräte

    2. Haushaltskleingeräte

    3. IT- und Telekommunikationsgeräte

    4. Geräte der Unterhaltungselektronik

    5. Beleuchtungskörper

    6. Elektrische und elektronische Werkzeuge

    7. Spielzeug sowie Sport- und Freizeitgeräte

    8. Medizinische Geräte

    9. Überwachungs- und Kontrollinstrumente einschließlich Überwachungs- und Kontrollinstrumente in der Industrie

    10. Automatische Ausgabegeräte

    11. Sonstige Elektro- und Elektronikgeräte, die keiner der bereits genannten Kategorien zuzuordnen sind.

  • Welche Gesetze & Verordnungen bestehen im Hinblick auf den Einsatz von Blei in der Elektronik über REACH & RoHS hinaus?

    Der weitgehend weltweite Trend ist offensichtlich: Der Einsatz von Blei soll mehr und mehr reduziert werden. Beispiele sind:

    ELV (End of Life Vehicles) „Altfahrzeug-Richtlinie”
    Innerhalb der EU recycelte KFZ sollen laut dieser bis 2021 gültigen Richtlinie möglichst umweltfreundlich sein. Dazu gehört ein Höchstwert von Blei von 0,1 %. Ausnahme: Kupferlegierungen. Bei diesen sind maximal 4 % Blei erlaubt.

    WEEE (Waste of Electrical and Electronic Equipment) „Elektro- und Elektronikgeräte-Abfall”
    Um Abfälle aus Elektro- und Elektronikgeräten zu vermindern oder ganz zu vermeiden, gibt es die WEEE-Richtlinie 2012/19/EU. Diese sieht unter anderem Recycling und Wiederverwendung vor und schafft den gesetzlichen Rahmen, damit entsprechende Geräte gesammelt und deren Rohstoffe fachgerecht wiederverwertet werden können. Obgleich diese Richtlinie toxische Metalle und Schwermetalle nicht verbietet, sorgt sie dafür, dass die Kosten für deren Entsorgung weiter ansteigen.

    Weitere vergleichbare Regelungen werden weltweit umgesetzt, darunter zum Beispiel:

    China-RoHS 2 (GB/T 26572-2011 Label: SJ/T11364-2014)
    Alle elektrischen und elektronischen Produkte, die in der Volksrepublik China in den entsprechenden Geltungsbereich fallen, unterliegen einer Konzentrationslimitierung von 0,1 % Blei. Wird dieser überschritten, besteht im B2C-Geschäft eine Hinweispflicht.

    Korea-RoHS
    Südkorea hat bereits 2007 den „Act for Resource of Electrical and Electronic Equipment and Vehicles“ verabschiedet – allgemein als Korea-RoHS bezeichnet. In diesem Gesetz werden weitgehend die EU-Richtlinien RoHS, WEEE und ELV (Altfahrzeugrichtlinie) übernommen.